L3So finden Sie uns:

 

 

Mühlenstrasse 16 • 21723 Hollern-Twielenfleth • Tel: 04141 / 76818
53°36'03.6"N   9°33'22.0"E

Öffnungszeiten: Mo – Fr von 14:00 – 18:00

Besichtigungen sind während dieser Zeit nach Absprache möglich.
Betreut werden diese Führungen von den Müllern Hein Noodt und Volkmar Dinglinger.

Nach der Führung sind wir für eine Spende in unsere Spendenbox dankbar.

 

Luftaufnahmen: Luftbilder LK Stade | weitere Aufnahmen: ausdenker.net 

  


 

  

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Ein wenig Mühlenkunde

In der Mühle kann man ohne technisches Vorverständnis den Weg der Energie und Kraftübertragung gut mitverfolgen, denn so alt die Mühlentechnik auch ist, die Grundzüge des Antriebs sind immer gleichgeblieben.

Mit Hilfe der am Mühlenkappenende auf einem massiven Gestell angebauter Windrose wird die Mühle in den Wind gedreht (automatische Windnachführung). Durch die Strömungskraft des Windes werden die großflächigen Mühlenflügel in Drehbewegung gesetzt. Die Flügel sind mit verstellbaren Jalousien bestückt, die in Abhängigkeit von der Windstärke verstellt werden können.

Mühle 00000002Zeichnung: Müller Hein Noodt, Twielenfleth

Das Flügelkreuz ist an der Flügelwelle befestigt, auf der das mit den Zähnen versehene Kammrad sitzt. Die Kraft wird mittels eines Getriebes bestehend aus Kammrad und dem Bunkler auf, die senkrecht sich drehende Welle, die sogenannte Königswelle übertragen. Dieser Antriebsstrang kann im normal laufenden Betrieb nicht getrennt werden, sodass bei drehenden Flügeln die Energie im Gebäude von der drehenden Königswelle per Transmission abgenommen und auf die angeschlossenen Maschinen verteilt wird.

 

Der Mahlgang

Die Antriebskraft wird von der Königswelle über das Stirnrad und das Stockrad auf die Mühlenspindel übertragen. Diese geht mittig durch die Mühlsteine. Durch das Zusammenspiel der Mühlsteine wird das Korn zu Mehl verarbeitet. Dabei dreht sich nur der obere Mühlstein, der deswegen auch Läuferstein genannt wird, er zermalmt das Korn auf dem festsitzenden unteren Mühlstein, dem Bodenstein. In die Mühlsteine sind Luft- und Mahlfurchen gehauen, die von Zeit zu Zeit erneuert werden müssen. Die Mahlfeinheit wird durch den Abstand der Steine gesteuert.

Das Getreide wird durch einen Trichter in den Mahlgang geschüttet – der Mahlgang wird "beschickt", heißt es in der Müllersprache. Das Getreide fällt vom Trichter durch das Steinauge des Läufersteins zwischen die Mahlflächen und gelangt als Mehl, Grieß und Kleie wieder heraus.

Kleie sind die Spelzen, die nicht verdaulichen Teile des Getreides. Grießkörner sind nur grob gemahlene Getreidekörner, die erneut in den Mahlgang gelangen. Das Mehl selbst wird durch den Mehlbeutel im Mehlkasten, einem feinmaschigen Sieb, von Grieß und Kleie getrennt aufgefangen.

 


 

 

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Flügelsignale bei Windmühlen

In flachen Landschaften waren die Kirchtürme und die Windmühlen die am weithin sichtbaren Bauwerke und so nutzten die Müller die gebremsten Windmühlenflügel zu einer einfachen, aber praktischen Form der Nachrichtenübermittlung. Stehen die Windmühlenflügel in einer bestimmten Stellung können sie unterschiedliche Nachrichten des Müllers anzeigen und waren an die Mahlgäste oder an das allgemeine Publikum gerichtet.

So waren vier bis neun Flügelstellungen, die zum Teil durch die Unterschiede in der Stellung der Jalousieklappen erkennbar sind, möglich. So konnte der Müller den Betrieb der Mühle, Ereignisse in der Familie oder auch allgemein interessierende Nachrichten kundtun (etwa zu drohendem Unwetter oder feindlichem Überfall). Man beachte dabei, dass die Mühlenflügel sich gegen den Uhrzeigersinn drehen.

Die Flügelsignale waren immer eine regional kodierte Form der Nachrichtenübermittlung. In den verschiedenen Regionen wichen die einzelnen Signalvereinbarungen und Flügelzeichen stark voneinander ab.

 

Freudenschere

Bestand ein Grund zur Freude (Hochzeit, Geburtstag oder ähnliches), dann verkündet der Müller dieses durch die sog. Freudenschere, bei der der obere Flügel kurz vor Erreichen des höchsten Punktes gestoppt wird („Kommende“). Die Flügel stehen auf 1:00, 4:00, 7:00 und 10:00 Uhr.


Freudenschere

In Friesland bedeutete dieses Flügelzeichen hingegen einen Trauerfall auf der Mühle.

 

Pausenschere

Wenn die Mühle für kurze Zeit außer Betrieb ist (weniger als 1-2 Stunden), wurden die Flügel in die Schere gestellt (45°-Winkel - sog. Andreas Kreuz).

Zog ein Gewitter auf, wurden die Flügel ebenfalls in die Schere gestellt verbunden mit der Hoffnung, dass der Blitz nicht einschlägt, denn in der Schere ragte der Flügel bis zu 2m niedriger in den Himmel als im Kreuz.

Auch über Nacht wurden diese Flügelstellung eingestellt. Das hatte den Vorteil, dass der Müller bei etwas weniger Morgenwind den Flügeln den gewissen Anschwung durch Anschieben geben konnte.

Pausenschere

 

Feierabendschere

In senkrechte Stellung gebracht, bedeutet das Flügelkreuz eine lange Arbeitspause, etwa infolge von Reparaturen und Ausbesserungsarbeiten an der Mühle (wie. Mühlsteine schärfen (1-2 Tage), Schäden an Flügeln oder an Getriebeteilen reparieren, aber auch das Ende der Tagesarbeit oder die Sonntagsruhe.

Feierabendschere

 

Trauerschere

Bei einem Trauerfall auf der Mühle oder einem an der Mühle vorbeiziehenden Trauerzug stellte der Müller die Flügel in die sogenannte „Trauerschere“. Der weggehende Flügel wird dabei kurz nach dem niedrigsten Punkt gestoppt. Hierin soll die Trauer, das Weggehende und Vergängliche zum Ausdruck kommen. Die Flügel stehen auf 2:00, 5:00, 8:00 und 11:00 Uhr.

 Trauerschere

Selbstverständlich konnten die Müller, mit weiteren vorher vereinbarten Flügelstellungen, auch geheime Nachrichten austauschen. Dies wurde im II. Weltkrieg häufig praktiziert.

 

Wie jede alte Zunft hatten auch die Müller besondere Sitten und Gebräuche:

„Eine sehr alte Sitte wurde noch bis nach 1850 in den Mühlen geübt, wenn der Müllermeister gestorben war.“ schrieb 1962 Peter Wiepert aus Bisdorf auf Fehmarn. „Dann rief der Hauptgeselle nachts beim Mahlen in den Hauptmahlgang hinein und die dabei stehenden anderen Gesellen und Lehrjungen nahmen ihre Mützen ab: ‘Un ik wull man Bescheed seggn, dat Din Meister in die Ewigkeit weiht ist!’ Alle Anwesenden sagten: ‘Help em Gott!’ und gingen dann an ihre Arbeit. Bis zum Sonnenaufgang durfte nicht gesprochen werden.“

Wiepert, „Die Segelwindmühle in Lemkenhafen“, Fehmarn, 1962